Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Bremen Januar 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge |
Antragsteller*in: | Fabian Taute (KV Bremen LdW) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 10.01.2021, 11:33 |
A2: Menschen aus Lipa jetzt aufnehmen! Illegale Pushbacks stoppen!
Antragstext
Seit jeher war das bosnische Camp Lipa trotz Zusagen der lokalen Regierung nie
an das zentrale Wasser- und Stromnetz angeschlossen. Nachdem die IOM
(Internationale Organisation für Migration) über Wochen vergeblich an die
bosnische Regierung appelliert hatte, das Camp Lipa zumindest mit einer Strom-
und Wasserversorgung auszustatten, sah sie sich dazu gezwungen, das Camp
aufzugegeben und die Menschen sich selbst zu überlassen. Die bosnischen Behörden
räumten daraufhin das Lager. Als Reaktion auf die ohnehin schon verzweifelte
Lage wurde Feuer gelegt – ein Großteil des Lagers brannte ab. Seitdem harren ca.
900 Menschen ohne Heizung, Wasser, Lebensmittel und Medikament bei Schnee und
Eis ohne Dach über dem Kopf aus.
Eine Weiterflucht wird durch die Polizei verhindert. Geschätzte 8.000 weitere
Schutzsuchende harren währenddessen im Norden Bosniens in wilden Camps aus, weil
die anderen Lager in Bosnien voll sind. Eine Versorgung durch die Behörden gibt
es nicht, sie werden vor allem von Aktivist*innen unterstützt. Mittlerweile ist
bekannt, dass die bosnischen Behörden das Lager Lipa wiederaufbauen wollen, da
sie sich auf keinen anderen Ort verständigen können.
Es ist falsch, die politische Verantwortung einzig in Bosnien-Herzegowina zu
suchen, denn die Umstände in den Lagern gehen vor allem auf die Auswirkungen der
EU-Abschottungspolitik zurück. Die meisten Menschen, die in Bosnien gestrandet
sind, waren zuvor als Schutzsuchende in Griechenland und wurden dort von den
Behörden sich selbst überlassen. Die Balkanroute blieb für sie der einzige
Ausweg. Zeitgleich riegelt die EU seit Jahren die kroatisch-bosnische Grenze ab
und drängt Schutzsuchende in illegalen Pushbacks, die durch erhebliche
Sachspenden der Bundesregierung an die kroatische Grenzpolizei unterstützt
werden, mit Gewalt nach Bosnien zurück. Statt also mit dem Finger auf Bosnien-
Herzegowina zu zeigen, muss die EU sichere und legale Wege aus Bosnien in die EU
schaffen und illegale Pushbacks beenden.
In der Verantwortung steht auch die Bundesregierung, die während ihrer
Ratspräsidentschaft migrationspolitisch komplett versagt hat. Statt die EU-
Ratspräsidentschaft zu nutzen und nach den unzähligen Appellen von
Hilfsorganisationen insbesondere die Lager Kara Tepe und Lipa winterfest zu
machen und den über 200 aufnahmebereiten Städten und Kommunen die Evakuierung
zumindest eines Teils der notleidenden Menschen zu ermöglichen, setzt die
Bundesregierung weiterhin auf Abschottung, Abschreckung und deckt illegale Push-
Backs.
Es kann nicht zu viel verlangt sein, als größtes EU-Land während der EU-
Ratspräsidentschaft für eine Wasser- und Stromversorgung in Zelt-Lagern wie Lipa
oder Kara Tepe zu sorgen, um zumindest der größten Not vorzubeugen. Stattdessen
hat es die Bundesregierung nicht einmal geschafft, innerhalb von drei Monaten
(obwohl sie darum von der griechischen Regierung explizit gebeten wurde) die
versprochenen 1553 Menschen aus Griechenland aufzunehmen. Stattdessen hat sie
darauf gedrängt, dass keine der Familien aus dem Lager Moria stammt, mit der
zynischen Begründung, man wolle die Menschen nicht dafür belohnen, dass "sie"
das Lager in Brand gesteckt hätten.
Auch das Einsperren der Menschen im Zelt-Lager Kara Tepe oder das Aussetzen von
Menschen auf manövrierunfähigen Plastikinseln auf dem Meer sind Ausdruck einer
brutalen Abschreckungspolitik. Dass 87 % der Deutschen eine Aufnahme von
Menschen aus Moria unterstützen, ignoriert die Bundesregierung und genauso, dass
sich elf EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Bulgarien, Deutschland, Finnland,
Frankreich, Irland, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Portugal, Slowenien) sowie
Norwegen und Serbien an den Aufnahmen beteiligen. Dabei tut sie so, als könne
sie nicht handeln, da andere ja auch nichts tun würden. Eine Verweigerung von
Verantwortung mit den aufgezeigten katastrophalen Konsequenzen.
Ein Landesaufnahmeprogramm würde den Schutzsuchenden eine Perspektive in
Sicherheit geben und durch die Entlastung gleichzeitig den bosnischen Behörden
die Möglichkeit geben, sich um neue Übergangsquartiere für den Winter zu
kümmern.
Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
1. Forderungen auf Bundesebene:
a) Wir fordern weiterhin, dass der Bremer Senat sich der Klage des Berliner
Senats gegen die Ablehnung der Landesaufnahmeanordnungen seitens des
Bundesinnenministeriums anschließt und eine langfristige Klärung der
Länderrechte im Aufnahmerecht herbeiführt.
b) Wir fordern die Bundesregierung erneut mit Nachdruck auf, die Blockade der
zahlreichen Hilfsangebote von Städten, Kommunen und Bundesländern zu beenden und
endlich eine schnelle und unbürokratische Aufnahme notleidender Menschen zu
ermöglichen.
c) Wir fordern die Bundesregierung auf, unverzüglich die bosnischen Behörden
dabei zu unterstützen, eine winterfeste und menschenwürdige Unterbringung für
die nach der Zerstörung des Camps Lipa obdachlos gewordenen Menschen
bereitzustellen.
d) Wir fordern die Bundesregierung auf, illegale Push-Backs der griechischen und
kroatischen Polizei nicht weiter zu decken, sondern sich für die lückenlose
Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen einzusetzen und sicherzustellen, dass
es keinerlei Beteiligung deutscher Einsatzkräfte an illegalen Push-Backs gibt.
2. Forderungen auf Landesebene:
a) Wir fordern den Senat auf, ein Landesaufnahmeprogramm für die in Bosnien
festsitzenden Schutzsuchenden aufzulegen. Dies ist aufgrund der Dringlichkeit
der Situation zeitnah und in erheblichem Ausmaß auszugestalten.
Unterstützer*innen
- Kai Wargalla
- Wilko Zicht
- Laura Reyes
- Julia Roy
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